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Was macht eigentlich die Schneedecke während dem Lockdown? Prinzipiell dasselbe wie immer. Mit einem kleinen, aber feinen Unterschied: „Viel befahrene Hänge" gibt es diesen Winter nicht.

Prinzipiell verhält sich die Schneedecke diesen Winter wie sonst auch: Sie wächst mit den Neuschneeereignissen, reagiert auf Temperaturunterschiede, verändert ihre Oberfläche in Härte und Konsistenz, baut unhöfliche Kristalle auf, wandelt Schichten innerhalb des Schneepaketes in andere Schichten um und ist dadurch mal mehr mal weniger reaktionsfreudig auf Zusatzbelastungen wie z.B. Freerider. Diese lebhaften und stetigen Veränderungen wirken auch im Lockdown uneingeschränkt und liefern den Lawinenwarndiensten wertvolle Hinweise, um die Gefahr einer Lawinenauslösung in Zahlen zwischen eins und fünf für uns lesbar zu machen. Soweit also keine besonderen Auswirkungen auf die Schneedecke durch den Lockdown.

Schwachschichten in der Schneedecke als Auslöser eines Schneebretts

Auch das Grundprinzip einer Schneebrettauslösung bleibt im Lockdown gleich wie bisher: Zur Auslösung eines Schneebrettes benötigt es gefährliche Zwischenschichten, darüber liegenden gebundenen Schnee (= Schneebrett) und eine Zusatzbelastung wie z.B. einen Wintersportler. Wir sprechen hier nur von den Auslösemechanismen eines Schneebrettes. Nass- und Lockerschneelawinen, sowie Gleitschneelawinen sind hier ausgenommen, da diese völlig anderen Auslösemechanismen unterliegen.

Kleiner Unterschied mit großen Konsequenzen

Und doch gibt es eine klitzekleine Kleinigkeit mit großen Konsequenzen. Zwar haben die Skigebiete in Österreich weitgehend geöffnet, doch sorgen Lockdown und Reisebeschränkungen für eine deutliche Reduzierung der Besucherzahlen. Auf den Pisten ist sehr wenig bis gar nichts los. Deshalb werden die Freerideabfahrten am Rand der Piste und außerhalb des gesicherten Skiraums ebenfalls nur sehr, sehr wenig befahren. Das bedeutet, dass die Schneedecke außerhalb der Pistengrenzen kaum durchpflügt wird. Mit der Wahrscheinlichkeit einer Lawinenauslösung hat dies deshalb zu tun, weil ein ständiges Befahren der Schneedecke den Mix aus gefährlichen Schichten regelmäßig zerstört und deren flächige Ausdehnung stark reduziert. Die Wahrscheinlichkeit einer Lawinenauslösung sinkt.

Beispiel:
Als Extrembeispiel gilt eine Skipiste. Durch Präparierungsarbeiten ständig durchpflügt und durchgewühlt, gibt es auf Pisten keinen winterlichen Schneedeckenaufbau mit den dazugehörigen Schwachschichten und Instabilitäten, also keine Schneebretter auf präparierten und geöffneten Pisten.

Viel befahrene Hänge in Skigebietsnähe gibt es im Corona-Winter nicht! Abseits der geöffneten Pisten ist deshalb ein erhöhtes Maß an Vorsicht & Vorkenntnissen nötig.

Diesen Winter ist alles anders: Viel befahrene Hänge gibt es heuer nicht

Freeriden im Lockdown bedeutet, dass man sich auf den Faktor „ständig befahren“ als Risikoreduktion noch viel weniger als sonst verlassen kann. Das letzte Wochenende hat das wieder deutlich gezeigt. Im Nahbereich der Skipiste wurden von Freeridern Schneebretter ausgelöst, wo man bisher selten bis nie welche gesehen hat. Gleiches gilt übrigens auch für Pistentourengeher. Der reduzierte Betrieb in Skigebieten hat zur Folge, dass viele Pisten heuer nicht geöffnet sind. Es gibt dort keine Präparierung und nur fallweise Gefahrensicherung. Nicht geöffnete Skipisten sind als freies alpines Gelände mit allen damit verbundenen Gefahren zu werten. Auf den liebgewonnenen Pistenaufstiegen herrscht somit mitunter Lawinengefahr. Entsprechende Hinweise sollten unbedingt beachtet werden.

Schneebrett im Küthai: Auch direkt neben der Piste kann es einen erwischen.

Fazit: Der Corona-Winter fordert ein angepasstes Risikomanagement

Für Freerider bedeutet diese Situation ein verstärktes Rückbesinnen auf Eigenverantwortung und die Basics der Lawinenkunde. Wem das nötige Know-How fehlt, der ist besser auf der geöffneten Piste unterwegs. Denn „better safe, als sorry“!

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Bilder: © SnowHow